In den 50er Jahren entstehen die ersten Hacker und schon bald wird eine Computer-Revolution in Gang gesetzt. Während die Industrie ihre restriktiven Copyright-Gesetze durchsetzen möchte, entsteht eine weltumspannende Subkultur, die mit Leidenschaft Raubkopien verbreitet. Ungeachtet des Aktionismus der Medienmogule nimmt eine Kulturrevolution ihren Lauf…
Die Geschichte der digitalen Raubkopie in einem spannenden Kurzfilm. Mit Denis Moschitto als Sprecher.
Creative Commons Attribution-NoDerivs License,
by © 2004 Jun Group, Inc.
Autoren Evrim Sen und Jan Krömer
http://www.no-copy.org/
Das Script zum Film NO COPY
Millionen Menschen auf der Welt laden, kopieren, downloaden und tauschen…. kommerzielle Software, Filme und Musik….
Die Unterhaltungsindustrie verzeichnete in den vergangenen Jahren die größten Umsatzverluste ihrer Geschichte. CDs verkauften sich nicht mehr, Kinos wurden immer seltener besucht … die Ära eines klassischen Geschäftsmodells ging zu Ende.
Die Konzerne sahen sich mit einer digitalen Anarchie konfrontiert. Getrieben von Macht, wagten sie den Schritt in neues Territorium. Doch ihr Antrieb war nicht die Innovation. Sie wollten zurückerobern, was sie längst verloren hatten. Ihr Weg führte sie dorthin, wo sich vor geraumer Zeit eine bislang unbekannte Subkultur gebildet hatte … und begannen einen Krieg.
Ihre Gegner waren Erfinder des digitalen Zeitalters. Es war nicht ein Krieg um Gebietsansprüche. Es war ein Krieg um Informationen, um Wissen … und … ein Krieg, den sie nicht gewinnen konnten.
Die Geschichte beginnt. Sie beginnt früh.
Die ersten Programmierer, die sich erstmals Hacker nennen sind Mathematiker, Ingenieure und Wissenschaftler und arbeiten an Universitäten. In den 50er Jahren gilt die amerikanische Universität MIT in Boston als Zentrum des technischen Fortschritts.
Die damaligen Computerfreaks nennen sich erstmals »Hacker« und läuten das Zeitalter des technischen Fortschritts ein.
1959 gründen zwei Wissenschaftler, John McCarthy und Marvin Minsky, das Labor für künstliche Intelligenz, genannt AI Lab.
1961 wird dort das allererste Computerspiel entwickelt und 1975 wird der erste Hackerclub der Welt gegründet.
Die Mitglieder sind unter anderem Steve Wozniak und Steve Jobs, die Gründer von Apple Computer, Douglas Engelbart, der Erfinder der Computermaus, Ed Roberts, der Erfinder des ersten Heimcomputers und Steve Dumbier, der Schöpfer der ersten Computermusik.
Das Prinzip des Teilens von Wissen und Informationen mit anderen wird zum Grundprinzip einer neuen, digitalen Ära.
Doch im selben Jahr schreibt Bill Gates, der Gründer von Microsoft, einen Open Letter an den Hackerclub und verbietet den Hackern das Kopieren seiner Software. Die Idee, dass Wissen und Software illegal kopiert werden können, erschafft ein neues Denken.
Es entsteht ein neuer Begriff: die Raubkopie.
Leise entsteht jedoch auch eine Welle des Protests …
Die junge Computerindustrie bahnt sich ihren Weg und wächst unaufhaltsam. In den kommenden Jahren wird mehr Software verkauft, als man es sich je hätte vorstellen können.
1980 beginnt das Zeitalter der Heimcomputer. Spätestens jetzt wird klar: Software ist endgültig zur Massenware geworden.
Doch geblendet von der Idee, Informationen vor dem Kopieren schützen zu müssen, begeht die Industrie einen fatalen Fehler: Sie entwickelt den Kopierschutz.
Erste Anwender machen sich daran, den Kopierschutz zu cracken.
Das Cracken wird zur Leidenschaft.
1982 bilden sich die ersten Cracker, die Software über die ganze Welt verteilen.
1984 treffen sich die ersten Cracking Groups. Und 1986 liegt die Zahl ihrer Mitglieder bei über 20.000.
Innerhalb weniger Jahre entsteht eine im Untergrund agierende, geheime Szene, die sich selbst als „The Scene“ bezeichnet. Noch bevor das World Wide Web erfunden wurde, tauscht sie bereits Raubkopien über Modems in eigenen, digitalen Treffpunkten. Die Gruppen konkurrieren permanent um die Erstveröffentlichung einer neuen Raubkopie.
1990 finden die ersten, offiziellen Treffen in großen Hallen statt mit mehr als 4000 Mitgliedern der sogenannten „Scene“. Mitte der 90er Jahre ist die Mitgliederzahl bei 50.000 angelangt.
In den 90er Jahren wird das Internet zum Massenmedium. Mit den neuen Möglichkeiten können die Cracker neue Strukturen aufbauen. In enger Tradition verbunden mit dem Ehrenkodex der Hackerkultur der 60er und der Cracker der 80er Jahre, entsteht eine noch größere, mächtigere Raubopierer-Szene.
Beinahe jede neue Software, jeder Film und jedes neue Musikalbum ist durch die Szene kostenlos im Netz verfügbar.
Das FBI wird schließlich auf die Szene aufmerksam.
1994 wird der Student David LaMacchia am MIT verhaftet und angeklagt.
1997 unterzeichnet Präsident Clinton den sogenannten »No Electronic Theft Act« genannt Net Act, der es dem FBI erlaubt, drastisch gegen die Szene vorzugehen.
Am 11. Dezember 2001 führen FBI-Beamte unter dem Codenamen »Operation Buccaneer« knapp 100 Durchsuchungen weltweit durch. In massiven Razzien werden über 120 Computer beschlagnahmt.
Vom 16. bis 18. März 2004 werden 800 Räume in ganz Deutschland durchsucht. Polizeibeamte durchkämmten Privatwohnungen, Rechenzentren und Firmen. 200 Computer und 40.000 Datenträger werden dabei beschlagnahmt. Als die Polizei zuschlägt, liegen auf den Rechnern 38 Terabytes an Raubkopien, das Speichervolumen von 60.000 handelsüblichen CDs.
Doch nach nur wenigen Tagen schafft es die Szene immer wieder, zu alter Stärke zurückzufinden.
Das FBI gibt schließlich zu, dass die Szene ein hoch organisiertes Syndikat ist. Bei mehr als 200.000 geheim organisierten Mitgliedern weltweit, ist auch das FBI überfordert.
Schon bald begeht die Industrie ihren nächsten, gewaltigen Fehler.
Nachdem Scheitern der Ermittlungen gegen die Szene sehen sie ihre Chance nun darin, den Abnehmer zu bekämpfen. Sie erklären Millionen Gelegenheitskopierern, und somit ihren eigenen Kunden, den Krieg.
2004 startet die deutsche Filmindustrie eine Kampagne, die tausende Kinobesucher zu Verbrechern erklärt.
Bis Januar 2006 reicht der Musikindustrie-Verband RIAA über 16.000 Klagen gegen Musikliebhaber ein, die MP3-Songs für private Zwecke aus dem Internet herunterladen.
Doch, all dies scheitert. Die Konsumenten wehren sich gegen ihre Kriminalisierung. Der Gedanke, Informationen und Wissen frei teilen zu dürfen, wird aktueller als je zuvor.
Freie Musikplattformen übernehmen die Oberhand der digitalen Musik. In ihnen werden Musikstücke kostenlos und als freie Kulturgüter den Menschen überlassen.
Freie Software wie Linux und Projekte wie Wikipedia werden zum unaufhaltsamen Kulturgut einer neuen, digitalen Welt.
Die Unterhaltungsindustrie begann einen Zweifrontenkrieg.
Sie begannen einen Kampf gegen eine seit über 25 Jahren organisierte Subkultur, die sie selbst erschuf, und der sie nichts entgegensetzen konnte.
Doch die allergrößte Selbstüberschätzung war es zu glauben, sich gegen die gesamte Netzkultur stellen zu können.
Als Protest gegen die Sanktionen der Industrie, programmieren, kopieren und tauschen Millionen Menschen kostenlose Daten, Informationen und Wissen … nicht nur in einer Subkultur…. nicht im Untergrund … sondern überall und für jedermann.
Das Zeitalter der freien Kultur, die zweite Internet-Revolution beginnt … Sie beginnt jetzt.
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