So scheiterten bislang alle Versuche, die Webseite im Netz zu sperren. Die Homepage wikileaks.org ist zwar nicht mehr erreichbar, weil der amerikanische Internetadressanbieter Everydns.net die Zusammenarbeit beendete. Und auch Amazon verbannte Wikileaks von seinen Servern. Dennoch ist die Seite weiterhin über Hunderte von Webadressen erreichbar, unter anderem über wikileaks.de.
Firmen kündigen wegen illegaler Aktivitäten
Auch zahlreiche Finanzfirmen kündigten in den vergangenen Tagen die Zusammenarbeit mit Wikileaks. Zunächst sperrte der Online-Bezahldienst PayPal das Konto, über das Wikileaks Spenden entgegennahm. Die Ebay-Tochter wirft der Organisation eine Verletzung der Nutzungsbedingungen vor und beschuldigt die Plattform, das Konto für illegale Aktivitäten zu nutzen. Mit der gleichen Begründung stellte Anfang der Woche der Kreditkartenanbieter Mastercard alle Zahlungen an Wikileaks ein. Konkurrent Visa zog am Dienstag nach und erklärte, man wolle zunächst einen möglichen Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen prüfen. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, er glaube nicht, „dass wir unter dem Eindruck irgendeines Drucks einer Regierung gehandelt haben“.
Zudem sperrte die Schweizer Bank Postfinance das Konto von Julian Assange, weil dieser falsche Angaben zu seinem Wohnort gemacht habe. Assange hatte als Wohnort Genf angegeben, wo er aber nicht gemeldet ist.
Auf Spenden angewiesen
Der Boykott der Finanzinstitute trifft Wikileaks an einer empfindlichen Stelle, da es auf Spenden angewiesen ist, um die laufenden Kosten zu decken. Nach früheren Angaben von Assange belaufen sich die Kosten auf 200 000 Dollar (knapp 150 000 Euro) pro Jahr. Durch die Expansion der vergangenen Monate dürfte der Finanzbedarf erheblich gestiegen sein.
Akut bedroht ist Wikileaks trotz des Boykotts von PayPal, Mastercard, Visa und Postfinance aber nicht. Einige Spendenkanäle sind noch offen, darunter der wichtigste von allen: Die im hessischen Guxhagen sitzende Wau-Holland-Stiftung sammelt weiter für Wikileaks. Die Stiftung ist nach dem verstorbenen Mitgründer des Chaos Computer Clubs benannt und gilt als größter Geldgeber von Wikileaks. „Seit Oktober 2009 sind rund 800 000 Euro Spenden eingegangen“, sagt Stiftungsvorsitzender Winfried Motzkus. Durch die aufwendigen Veröffentlichungen der vergangenen Monate sei der Finanzbedarf von Wikileaks zwar von 200 000 auf rund 300 000 Dollar gestiegen. Allerdings sei auch das Spendenaufkommen im Zuge der Veröffentlichungen gestiegen. Die Spenden sind in Deutschland steuerlich absetzbar.
US-Firma springt in die Lücke
Neben dem Wau-Holland-Konto gibt Wikileaks auf seiner Spendenseite zudem die Bankdaten einer isländischen Bank an. Außerdem will die US-Mobilfirma Xipwire in die Lücke springen, die Mastercard, Visa und PayPal hinterlassen haben. Das Unternehmen will Spenden per SMS oder über eine Website ohne Überweisungskosten für Wikileaks ermöglichen.
Derweil bekommen die boykottierenden Unternehmen den Zorn der Wikileaks-Sympathisanten zu spüren: Hacker legten am Montagabend die Seite von Postfinance lahm, Mastercard.com war am Mittwoch ebenfalls nicht erreichbar. Über Facebook und Twitter feiern die Unterstützer diese Aktionen und lassen ihrem Zorn auf die Boykotteure freien Lauf. Auf der Facebook-Seite von PayPal posten viele gleich die Kündigung ihres PayPal-Accounts. Selbst die User der konservativen „Neuen Züricher Zeitung“ sind nicht einverstanden und wettern in Kommentaren gegen das Vorgehen der Postfinance: „Wie weit sind wir schon, dass uns eine H. Clinton die Konten schließen lässt?“, fragt ein User. „Das ist eine Riesen Frechheit und ich bin sowas von enttäuscht von der Post. Ich bin seit 20 Jahren Kunde, dies ist nun vorbei“, schreibt ein anderer.