Joe Lieberman
US-Senator Joe Lieberman fordert weitere Konsequenzen in der „Cablegate“-Affäre. Lieberman will versuchen, die Zeitungen, die der Whistleblowing-Plattform WikiLeaks bei der Analyse der Geheimdokumente halfen – allen voran die New York Times – strafrechtlich zu belangen.
Joe Lieberman ist einer der entschiedensten Gegner der Whistleblowing-Plattform WikiLeaks. Bereits kurze Zeit nach der Veröffentlichung der geheimen Diplomaten-Kommunikation forderte er zusammen mit einigen anderen Senatoren ein „Anti-WikiLeaks-Gesetz“ (gulli:News berichtete). Dieses soll es ermöglichen, künftig nicht nur die Informanten für die Weitergabe geheimer Informationen zu belangen, sondern auch die beteiligten Journalisten. Darüber hinaus soll Lieberman Druck auf den Online-Händler Amazon ausgeübt haben, einen WikiLeaks-Mirror aus der Amazon-Cloud zu entfernen (gulli:News berichtete). Das allerdings wurde später dementiert.
Nun will Lieberman offenbar noch einen Schritt weiter gehen und neben WikiLeaks auch der New York Times an den Kragen. Diese hatte frühzeitig Zugriff auf die Geheimdokumente erhalten und bei deren Analyse geholfen. Gegenüber dem als konservativ bekannten TV-Sender Fox News sagte Lieberman, er werde „alle rechtlichen Mittel“ gegen die Zeitung einsetzen. Zwar genießt in der US-Verfassung die Meinungsfreiheit einen extrem hohen Stellenwert. Dies sei jedoch womöglich nicht genug, um Medien, die sich der Berichterstattung über die WikiLeaks-Veröffentlichung widmeten, vor Strafverfolgung zu schützen, sagte Lieberman. Er erklärte, die Frage nach einer möglichen Strafverfolgung der New York Times sei „eine ernsthafte juristische Frage, die beantwortet werden muss„. Zwar sei diese Frage, da der erste Verfassungszusatz betroffen sei, „sehr sensibel„. Er gehe davon aus, dass WikiLeaks den „Espionage Act“ verletzt habe, so der Senator. Bei den beteiligten Medien-Organisationen sei er weniger sicher.
„Aber was ist dann mit den Medien, unter anderem der Times, die es [das geheime Material] akzeptiert und weitergegeben haben? Ich weiß, dass sie sagen, dass sie einiges davon gelöscht haben, aber ich bin nicht hier, um darüber ein abschließendes Urteil zu treffen. Meiner Meinung nach haben die New York Times-Mitarbeiter sich zumindest als schlechte Staatsbürger verhalten. Und ob sie ein Verbrechen begangen haben, ich denke, das rechtfertigt eine sehr intensive Untersuchung durch das Justizministerium,“ sagte Lieberman.
Da man bisher in den USA offenbar keine rechtliche Grundlage hat, die WikiLeaks-Mitarbeiter einer Straftat zu beschuldigen, ist es unwahrscheinlich, dass eine Strafverfolgung der New York Times oder anderer Journalisten Aussicht auf Erfolg hätte. Journalisten in aller Welt sehen diese Ankündigung trotzdem mit Besorgnis, stellt sie doch nach ihrer Ansicht einen weiteren zumindest versuchten Angriff auf die Pressefreiheit dar.
http://www.gulli.com/news/cablegate-lieberman-erw-gt-strafverfolgung-der-new-york-times-2010-12-07