Mastercard-Web-Seite: Aktuell so gut wie unerreichbar
Nur wer lange genug wartet, kommt manchmal durch: Die Web-Seite des Kreditkartenunternehmens Mastercard steht seit Mittwochmorgen offenbar unter virtuellem Beschuss. Der Aufruf der Seite gelingt nur zeitweilig, ihre Antwortzeiten liegen weit jenseits des Normalen – Indizien für eine sogenannte Denial-of-Service-Attacke, bei der ein Webserver durch eine nicht zu bewältigende Masse sinnloser paralleler Datenanforderungen lahmgelegt wird.
Zu der bekennt sich zurzeit die „Operation Payback“. Die hatte kurz nachdem bekannt wurde, dass verschiedene Finanzdienstleister der umstrittenen Enthüllungswebsite WikiLeaks die Abwicklung von Spendenzahlungen verweigerten, damit begonnen, die Web-Seiten einiger dieser Unternehmen zu attackieren. Bereits seit zwei Tagen ist die Seite der Schweizer Postfinance unerreichbar, hier ist die DoS-Attacke bestätigt worden.
Damit sind zwei von vier Finanzunternehmen, die WikiLeaks ihre Services verweigern, inzwischen gar nicht mehr oder nur sehr schwer erreichbar. Nicht betroffen scheinen bisher die Unternehmen Visa und Paypal. Der Ebay-Ableger Paypal wurde bereits attackiert, wenn auch mit weniger Erfolg.
Koordiniert werden die Attacken offenbar über den Twitter-Account @Anon_Operation, hinter der eine informelle Gruppierung steht, die ihre Wurzeln im Netzwerk der berüchtigten Hacker- und Trash-Plattform 4Chan hat. Das Forum gilt als Wiege der Anonymous-Bewegung, die immer wieder mit Protestaktionen, beispielsweise gegen die Scientology-Sekte, aber auch mit chaotischen Fun-Aktionen von sich reden macht.
4Chan ist keine Organisation im eigentlichen Sinne, sondern eine Plattform, über die sich Gleichgesinnte unter anderem zum Zweck gemeinsamer Aktionen organisieren. Im Slang der 4Chan-Community werden koordinierte virtuelle Attacken als Raids (engl. für „Überfall“) bezeichnet.
Der Tech-Blog TechChannel nannte am Mittwoch neben Visa und Paypal auch die Unternehmen EveryDNS und Amazon als potentielle nächste Ziele, da auch diese WikiLeaks ihre Dienste entzogen hätten. Das bestätigt sich, wenn man den Diskussionsverlauf auf der Facebook-Seite der Operation Payback beobachtet: Dort beklagten einzelne Aktivisten am Mittwochmittag, dass Mastercard zeitweilig wieder sichtbar wurde, weil die Zahl der an der Attacke teilnehmenden Rechner unter eine kritische Schwelle fiel. An der Mastercard-Attacke nahmen rund 720 Rechner teil, was ein Aktivist als „zu wenig, wenn man Amazon angreifen will“ bezeichnete.
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,733520,00.html