Die genauen Chatlogs zwischen dem mutmaßlichen Whistleblower Bradley Manning und dem Ex-Hacker Adrian Lamo – der Manning an die Behörden auslieferte – sind nicht öffentlich bekannt. Diese Tatsache sorgte in den letzten Wochen im Internet für Diskussionen. Die im Besitz der Original-Logs befindlichen Mitarbeiter des Online-Magazins Wired nahmen nun Stellung – allerdings nur zu einigen Punkten.
Manning, der zu diesem Zeitpunkt im Irak stationiert war, hatte unter nicht restlos geklärten Umständen über das Internet Kontakt zu Lamo aufgenommen. Anschließend vertraute er dem Ex-Hacker zahlreiche Details über die von ihm geleakten Dokumente – sowie seine Motive, diese zu veröffentlichen – an. Das zumindest geht aus einer Reihe von AIM-Chatlogs hervor. Diese wurden von Lamo nach dessen eigener Aussage den Behörden übergeben. Aussschnitte daraus – angeblich rund 25% der Logs – wurden zudem vom Online-Magazin Wired im Rahmen von dessen umfangreicher Berichterstattung über Manning veröffentlicht.
Die Berichterstattung von Wired rief jedoch den US-Journalisten Glenn Greenwald auf den Plan. Dieser – ein bekennender Unterstützer von WikiLeaks und Bradley Manning – übte Kritik an mehreren Punkten der Wired-Berichterstattung. So warf er Wired-Redakteur Kevin Poulsen vor, sein Verhältnis zu Lamo und anderen wichtigen Akteuren nicht korrekt dargestellt haben. Zudem kritisierte er, die veröffentlichten Chatlogs zwischen Manning und Lamo seien zu stark bearbeitet worden.
Es entspann sich eine heftige, teilweise äußerst emotional geführte Diskussion nicht nur durch Blogeinträge und Artikel der Beteiligten, sondern auch per Twitter. Der Kernpunkt der Diskussion blieb jedoch – trotz aller Nebenkriegsschauplätze und persönlichen Angriffe – die Forderung Greenwalds, eine komplette oder zumindest weniger stark bearbeitete Version der Logs herauszugeben. Dies hatten Wired und Poulsen verweigert mit der Begründung, sie wollten die Privatsphäre Mannings sowie die nationale Sicherheit schützen. Greenwald forderte daraufhin, wenigstens die zahlreichen Behauptungen Lamos bezüglich des Inhalts der Logs, die dieser gegenüber verschiedenen Medien aufgestellt hatte, zu bestätigen oder zu widerlegen. Dies tat Wired nun zumindest teilweise.
Das Online-Magazin teilte mit, in den nicht veröffentlichten Teilen des Chatlogs gebe es – im Gegensatz zu Behauptungen Lamos in einigen Interviews – keine weiteren Hinweise auf Absprachen oder sonstige Zusammenarbeit zwischen Manning und WikiLeaks-Sprecher Julian Assange. Dies geht aus Aussagen von Kevin Poulsen und Wired-Chefredakteur Evan Hansen auf Twitter hervor. „Ich habe gerade den kompletten Text noch einmal durchgesehen und alle Beschreibungen von Mannings Verhältnis zu Assange und Wikileaks sind bereits öffentlich„, schrieb Hansen auf dem Microblogging-Dienst an Greenwald. So sollen sich insbesondere für die Behauptung Lamos, Assange habe Manning einen speziellen Upload-Server zur Verfügung gestellt, keine Hinweise im nicht veröffentlichten Teil der Logs finden lassen.
Dies könnte sich juristisch als äußerst relevant erweisen, da die USA offenbar momentan versuchen, gegen Assange eine Anklage wegen Verschwörung („conspiracy“) zu erheben. Dazu müssten sie allerdings nachweisen, dass Assange bereits vor der Veröffentlichung der Dokumente Kontakt zu Manning hatte. Es gibt Gerüchte, dass versucht werden soll, Manning durch Anbieten einer milderen Strafe oder besserer Haftbedingungen zum Geständnis derartiger Verbindungen zu bewegen. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage, dass in den Logs keine Beweise für „konspirative“ Gespräche zwischen Manning und Assange zu finden ist, durchaus interessant.
Andere Behauptungen Lamos bezüglich der Logs und seiner Kontaktaufnahme zu Manning wurden von Wired bisher nicht bestätigt oder widerlegt. Mit dem Verhältnis zwischen Manning und Assange wurde jedoch das vielleicht wichtigste Thema der Logs angesprochen und eine öffentliche Stellungnahme dazu abgegeben. Es wird sich zeigen, ob dies genügt, um die Kritiker zum Schweigen zu bringen.
http://www.gulli.com/news/manning-chatlogs-angeblich-keine-weiteren-hinweise-auf-kontakt-zu-assange-2010-12-30