Die Bundesregierung will eine parlamentarische Anfrage zu heimlichen Online-Durchsuchungen der Rechner der in Düsseldorf im April festgenommenen Terrorverdächtigen aus „Geheimhaltungsgründen“ nicht beantworten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne die Regierung gegenüber dem Bundestag nicht auskunftspflichtig sein, „wo ein auch nur geringfügiges Risiko“ entstehe, dass „die angefragten detaillierten Informationen öffentlich bekannt werden könnten“, schreibt Bundesinnenministerium in einer heise online vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Fraktion der Linken.
Da es sich um ein laufendes Verfahren sowie einen aktuellen „Gefahrenabwehrvorgang“ handle, könnten sensible polizeiliche Vorgehensweisen und Taktiken in einem „äußerst gefährdungsrelevanten Bereich“ offengelegt werden. Das schützenswerte Interesse der Bundesrepublik, Kriminalität und Terrorismus wirksam zu bekämpfen, könne erheblich beeinträchtigt werden. Mit der gleichen Begründung schweigt das Innenressort auch dazu, wie oft das Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt bereits verdeckte Zugriffe auf IT-Systeme durchgeführt und wie oft richterliche Genehmigungen dafür beantragt beziehungsweise erteilt wurden.
Keine Auskunft erhalten die Linken auch auf ihre Frage, wie oft und auf welcher Rechtsgrundlage der Bundesnachrichtendienst (BND) bereits Online-Durchsuchungen durchgeführt hat. Es könnten spezifische Informationen zur Tätigkeit des Auslandsgeheimdienstes „einem nicht eingrenzbaren Personenkreis“ im In- und Ausland“ zugänglich werden. Wer weiß, wie häufig online durchsucht werde, könne auf die Aufklärungsfähigkeit des BND rückschließen. Eine weitergehende Antwort werde aber „bei der Geheimschutzstelle“ des Bundestags hinterlegt.
Voriges Jahr hatte das Innenministerium noch verkündet, dass das BKA bis Anfang 2009 den Bundestrojaner noch nicht eingesetzt hatte. Nach Ansicht der Linken wäre nach der neuen Argumentation der Regierung auch diese Information geheimhaltungsbedürftig gewesen. Angesichts der aktuellen Debatte um die Sicherheitsgesetzgebung habe das Innenressort nun die Chance verpasst, „den Beweis für die Notwendigkeit“ von Online-Durchsuchungen „auf dem Silbertablett zu liefern“.
Der Vizechef der CDU/CSU-Fraktion Günter Krings hatte im Zuge der Festnahme der Verdächtigen mitgeteilt, dass „die Düsseldorfer Zelle auch mit Hilfe einer Online-Durchsuchung ausgehoben werden konnte“. Weitere offizielle Quellen für die Nutzung des Bundestrojaners in diesem Fall gibt es bislang nicht. Jan Korte, Innenpolitiker der Linken, bezeichnete die Auskunftsverweigerung laut Mitteldeutscher Zeitung als „Affront gegenüber dem Parlament“. Es gehe um einen „sehr bürgerrechtsintensiven Eingriff“, dessen Grundlage vom Bundestag aber beschlossen worden sei. Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz betonte, dass die Volksvertreter ein Auskunftsrecht hätten: „Geheimhaltung darf nicht gegen den Abgeordneten gerichtet, sie muss mit ihm gemeinsam organisiert werden.“ Der Sozialdemokrat kündigte an, der Sache nachgehen zu wollen. (Stefan Krempl)
Quelle : heise.de