Keine Attacken mehr auf Finanzunternehmen: Die Wikileaks-Unterstützer von „Anonymous“ beenden ihre Internet-Angriffe. Sie haben neue Ziele.
Nach Internetangriffen auf Finanzunternehmen wie Visa, MasterCard oder PayPal will eine Gruppe von Wikileaks-Unterstützern nach eigenem Bekunden keine Server mehr attackieren. Die lose organisierte Gruppe mit dem Namen „Anonymous“ erklärte in der Nacht zum Samstag, sie habe den Firmen bestenfalls ein blaues Auge verpasst.
- Auch PayPal war Angriffen der Wikileaks-Unterstützer „Anonymous“ ausgesetzt
Ab jetzt werde man sich darauf konzentrieren, geheime US-Depeschen mit größtmöglicher Verbreitung zu veröffentlichen. Dies soll demnach so geschehen, dass die Urheber schwer nachzuvollziehen sind.
Die US-Regierung ist durch die Veröffentlichung vieler Geheimdokumente international in eine peinliche Lage geraten und hat Druck auf Firmen ausgeübt, ihre Zusammenarbeit mit Wikileaks einzustellen. So kann die Enthüllungsseite von MasterCard- und Visa-Kunden keine Spenden mehr erhalten.
Auch der Versandhändler Amazon.com, der Firmen Serverdienstleistungen anbietet, beendete seine Zusammenarbeit. Als Vergeltung wurden Server der Unternehmen von Wikileaks-Unterstützern angegriffen.
Unterdessen wurden weitere Wikileaks-Enthüllungen bekannt: Demnach hält Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) die Europäische Union für nicht in der Lage, ein so großes Land wie die Türkei zu integrieren. Westerwelle habe das bei seinem Antrittsbesuch in den USA im November 2009 laut Protokoll seiner Kollegin Hillary Clinton gesagt. Das berichtet der „Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe. Wenn Deutschland jetzt über den Beitritt der Türkei entscheiden müsste, wäre die Antwort ein klares Nein, sagte Westerwelle demnach.
Die Web-Server waren DDOS-Angriffen ausgesetzt. Die Abkürzung steht für „Distributed Denial of Service“. Dabei werden Unmengen von Anfragen an die Internet-Adressen der Angriffsziele geschickt, mehrere Gigabit pro Sekunde, so dass die Web-Server mit der Bearbeitung überfordert sind und lahmgelegt werden. Das ist, wie wenn nach einem Fußballspiel hunderte von Heimkehrern in eine Straßenbahn drängen, so dass man selbst nicht mehr hineinkommt.
Zu den Angriffen hat sich die „Anonymous“-Bewegung bekannt, die 2008 mit Protestaktionen gegen die Organisation Scientology bekannt wurde. Die „Anonymous“-Bewegung ist Teil einer Szene, die das Internet als eigenständigen Raum versteht, der von staatlichen Eingriffen frei bleiben soll. Dabei verbinden sich libertäre und anarchistische Strömungen in der Vorstellung, dass das Internet ein „souveränes Territorium“ sei.
Zeitweise nahmen an den Angriffen nach Informationen aus einschlägigen Blogs mehr als 1700 Personen teil. Während bei anderen DDOS-Attacken meist ein Netz von infizierten Rechnern (Botnetz) eingesetzt und ohne Wissen der Nutzer ferngesteuert wird, greift die „Anonymous“-Bewegung auf ein Netz von Freiwilligen zurück. Im Internet kursieren Hinweise auf bestimmte Kanäle des Chat-Dienstes IRC (Internet Relay Channel). Dort wird auch eine Software bereitgestellt, mit der die Datenfluten auf bestimmte Ziele ausgelöst werden.
Die Betreiber eines Webservers können spezielle Programme einsetzen, die bei einer DDOS-Attacke die eingehenden Datenpakete analysieren und ein Filtersystem darauf ansetzen. Üblicherweise können DDOS- Angriffe so nach einigen Stunden abgewehrt werden, so dass die Website wieder zugänglich ist.
Die Türkei sei nicht modern genug, um zur EU zu gehören. Allerdings stelle sich diese Frage erst in fünf oder sechs Jahren. Wenn Deutschland jetzt der Türkei die Tür zur EU verschlösse, würde das allerdings die gesamte innere Situation der Türkei beeinflussen.
Das Auswärtige Amt wollte die internen US-Dokumente nicht kommentieren. Westerwelles Position zur Türkei sei unverändert, sagte ein Sprecherin der dpa auf Anfrage. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei seien ein ergebnisoffener Prozess, dessen Ergebnis niemand vorwegnehmen könne. „Sie müssen fair geführt werden, so wie es der Türkei auch zugesagt wurde.“
http://www.welt.de/politik/ausland/article11559455/Wikileaks-Unterstuetzer-stoppen-Internetangriffe.html