Software ist meistens teuer. Und manchmal lässt sich eine proprietäre, kostenpflichtige Software nicht durch Freeware/OpenSource-Programme ersetzen, etwa wenn man in der Firma mit einem solchen Programm arbeitet und dieses Programm ein eigenes Dateiformat verwendet, welches nicht von Fremdprogrammen gelesen werden kann. Ein anderes Beispiel findet sich auf 90% aller Desktop-Rechner und Laptops: Das Betriebssystem Windows, für welches man auch erst einmal eine Lizenz benötigt.
Was liegt also näher, als vor dem Kauf im Internet einmal die Preise genauer zu vergleichen oder gleich nach Sonderangeboten zu suchen? Bei extremen Sonderangeboten, die preislich weit unter den üblichen Marktpreisen liegen, sollte man jedoch unbedingt vorsichtig sein. Denn einige Anbieter ziehen die Kunden mit Lockangeboten über den Tisch.
Besonders weit verbreitet sind solche betrügerischen Angebote vor allem bei Angeboten zu Windows oder Microsoft Office, da diese Produkte sowohl teuer als auch oft nachgefragt werden. Hier werben die Shops mit extrem niedrigen Preisen, die oft nicht einmal 10% des Ladenpreises ausmachen.
So hat sich dieser Shop auf Windows 7-Lizenzen spezialisiert:
Knappe 30$ für Windows 7 Ultimate, welches in Deutschland selbst in der günstigeren OEM/System Builder-Version noch 148€ (~213$)? Oder ein Windows 7 Professional für nicht einmal 26$, während der Preis in Deutschland bei 110€ (~158$) liegt?!
Der nächste Shop verkauft Lizenzen für Microsoft Office 2010:
Auffallend sind auch hier wieder die extremen Preisdifferenzen zu “normalen” Händlern. Hierzulande kostet beispielsweise eine Microsoft Office 2010 Professional-Lizenz statt der hier angebotenen 40$ mal schlappe 459€. Und spätestens hier sollte auch dem naivsten Internetnutzer klar werden, dass es mit diesen Angeboten nicht weit her sein kann.
Ich habe insgesamt 5 Shops genauer unter die Lupe genommen, die alle ungefähr die gleichen Preise anbieten. Angeboten wird dabei immer ein Lizenz-Key, der dem Käufer per E-Mail übermittelt werden soll. Einen gedruckten Product-Key oder eine Software-CD ist nicht im Lieferumfang enthalten. Die Zahlungen laufen meistens über Paypal oder Kreditkartenzahlung ab. In den meisten Fällen sind die Websiten der Anbieter noch recht professionell gestaltet, und wirken durchaus seriös. Ein Blick in das Impressum (soweit vorhanden) förderte in allen Fällen eine Adresse in China oder Hong-Kong zutage. In drei von 5 Fällen wurde überhaupt keine Postadresse angegeben, sondern nur ein Firmenname sowie eine auf einem Freemail-Anbieter gehostete E-Mail-Adresse als einzige Kontaktmöglichkeit. Ein Anbieter wirbt sogar mit dem Paypal-Käuferschutz, der bekanntermaßen für virtuelle Produkte nicht gilt. Und was ist virtueller, als eine E-Mail mit einem Screenshot darin?!
Woher die Lizenz-Keys wirklich kommen, darüber kann nur spekuliert werden. Laut Anbieter werden diese Keys in großen Mengen eingekauft, um solche Rabatte erzielen zu können. Tatsächlich vergibt Microsoft solche Rabatte nur an Hersteller von Komplett-PCs, nicht jedoch an solche Lizenzhändler. Ich vermute, dass es sich bei den angebotenen Keys um Lizenzen aus dem MSDNAA-Programm handelt. Dieses Programm ist für Studenten an Universitäten und Fachhochschulen gemacht, damit diese kostenlos bis kostengünstig an Microsoft-Produkte kommen.
Ein MSDNAA-Account erlaubt dabei die Generierung mehrerer Product-Keys zu jedem in dem MSDNAA-Programm enthaltenen Produkt. Und dazu gehören unter anderem auch Windows und MS Office. Verkauf und Weitergabe von MSDNAA-Keys ist laut Microsoft-Lizenzbedingungen nicht erlaubt und hat eine Sperre des Accounts zur Folge. Damit werden automatisch auch alle mit diesem Account ausgestellten Product-Keys ungültig.
Wenn man nun bei einem solchen Händler eine Lizenz “erwirbt”, mag die erste Aktivierung sogar noch reibungslos funktionieren. (sofern man überhaupt einen Key erhält…) Da Microsoft illegal genutzte MSDNAA-Accounts jedoch sehr schnell findet und sperrt, dürfte man schon bei der zweiten Aktivierung erhebliche Probleme bekommen. Interessant ist auch, dass sich diese Shops selten länger als zwei Monate halten, um dann unter neuem Namen mit identischer Produktpalette und identischem Design wieder aufzutauchen.
Ich kann jedem nur raten, von solchen Angeboten Abstand zu halten, auch wenn in einigen Erfahrungsberichten immer wieder die Rede davon ist, dass die Keys eine Aktivierung problemlos überlebt haben. Dies ist keine Garantie dafür, dass man einen “echten” Key gekauft hat, da die erste Aktivierung in vielen Fällen problemlos funktioniert! Abgesehen davon betreibt man als Käufer einer solchen Lizenz genau genommen eine Raubkopie des Produktes: Laut den Lizenzbedingungen von Microsoft ist eine Lizenz nur dann gültig, wenn man einen gedruckten Product-Key samt Datenträger erhalten hat. Einzige Ausnahme ist der Microsoft-eigene Download-Store unter http://microsoftstore.com.