Osnabrück – Kurz vor der ersten Sitzung des Koalitionsausschuss im neuen Jahr hat der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder (CDU), im Streit um Internetsperren gegen Kinderpornografie zu raschem Handeln aufgefordert. Der Erlass des Bundesinnenministeriums, mit dem das Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet teilweise ausgesetzt wurde, sei verfassungswidrig, sagte Kauder der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ in ihrer Donnerstagsausgabe. Dieser Zustand müsse sofort beendet werden. „Die vollziehende Gewalt ist nach dem Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden“, betonte der CDU-Politiker.
Seit dem Erlass des Bundesinnenministeriums werden kinderpornografische Inhalte laut Kauder zwar gelöscht, die gesetzlich ebenfalls vorgesehenen Internet-Sperren aber nicht angewendet. Eine Praxis, die der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) gerade erst als großen Erfolg gefeiert hat. Am Dienstag teilte der Verband mit, dass 99,4 Prozent der vom eco gemeldeten Kinderporno-Seiten gelöscht wurden.
Kauder jedoch hält das Aussetzen der Internetsperren zugunsten der Lösch-Methode für einen klaren Verfassungsverstoß. Zudem brüskiere die Regierung den Bundestag, wenn sie Gesetze des Parlaments eigenmächtig korrigiere, bemängelte der CDU-Rechtsexperte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Kauder: „Es kann nicht sein, dass die Regierung Gesetze ignoriert, von jedem Bürger aber selbstverständlich erwartet, dass er sich an das Recht hält.“
Kauder wandte sich deshalb in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Für ihn „gibt es nur zwei verfassungskonforme Lösungen“, sagte er. Entweder werde das geltende Gesetz ab sofort vollständig angewendet oder der Bundestag schaffe die Vorschriften über Kinderporno-Sperren durch ein Aufhebungsgesetz wieder aus der Welt. „Nur eines geht sicher nicht“, sagte Kauder: „Die Regierung kann sich nicht länger vor einer rechtsstaatlich sauberen Entscheidung drücken.“ Die Kinderporno-Sperren sind nach Angaben aus Regierungskreisen Thema des Koalitionsausschusses am Donnerstagabend in Berlin.
Quelle : Spiegel.de