Vor einer Woche deutete es sich bereits an, jetzt ist es offiziell: Der nächste aus dem Hauptentwicklungszweig von Linux hervorgehende Kernel soll die Versionsnummer 3.0 tragen. Das geht aus der Freigabe-Mail zur ersten Vorabversion des 3.0er-Kernels hervor, der in etwa sieben bis neun Wochen erscheinen dürfte. Mit der Vorabversion wechselt der Kernel zudem den Namen von „Flesh-Eating Bats with Fangs“ zu „Sneaky Weasel“.
Als Nachfolger des vor elf Tagen freigegebenen Linux 2.6.39 hätte die aus dem aktuellen Entwicklungszyklus hervorgehende Version eigentlich die Nummer 2.6.40 erhalten. Seit der Freigabe der Version 2.6.0 vor knapp siebeneinhalb Jahren und der wenig später verkündeten Abkehr von der Entwicklung mit einer „Unstable-Series“ wie 2.3 oder 2.5 haben die Kernel-Hacker lediglich den letzten Abschnitt der aus drei Zahlen bestehenden Versionsbezeichnung erhöht. Vor einige Tagen erklärte Torvalds allerdings überraschend, dass die „Stimmen in seinem Kopf“ ihm erzählen, die Nummern würden zu groß. In dem Zusammenhang erwähnte er Überlegungen, auf 2.8.0 zu springen; schnell war in der daraus entstandenen Diskussion dann aber von 3.0 die Rede.
Die „3“ am Anfang solle für die dritte Dekade stehen – die erreicht Linux in Kürze, denn der Kernel wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Der Nachfolger der Version 3.0 soll die Versionsnummer 3.1 tragen und dürfte vermutlich zwei bis drei Monate nach 3.0 erscheinen. Die parallel entwickelten Versionen der Stable- und Longterm-Serien sollen in Zukunft den dritten Abschnitt in der Versionsbezeichnung nutzen können, um ihre Kernel zu kennzeichnen; bisher verwendeten sie einen vierten Abschnitt. Einige Skripte im Kernel und dessen Umfeld müssen an diese Änderung noch angepasst werden; das ist ein Grund, warum sich die Vorabversion an einige Stellen derzeit nicht als 3.0-rc1, sondern als 3.0.0-rc1 identifiziert. Für die 3.0er-Kernel hat Torvalds auf Kernel.org ein neues Verzeichnis angelegt; die für die Einstiegsseite der Webseite zuständigen Skripte sind darauf bislang noch nicht richtig eingestellt und verlinken bislang noch nicht auf die Archive von Linux 3.0-rc1.
Torvalds hat die Entscheidung zum Sprung auf 3.0 alleine getroffen, wie er in der Freigabe-Mail zu 3.0-rc1 schreibt. Dort betont er auch sehr deutlich, dass diese Version keine großen Änderungen bringe. Es sei lediglich eine Neunummerierung, die keine größeren Neuerungen bringe, wie es etwa bei Gnome 3.0 oder KDE 4.0 der Fall war. Bereits vergangene Woche hatte er anderen Kernel-Hackern erklärt, dass er den Sprung auf eine höhere Versionsnummer nicht zum Anlass nehmen werde, besonders große Änderungen vorzunehmen oder vermeintliche Altlasten wie MCA-, EISA- oder ISA-Unterstützung zu entfernen (1, 2).
Die Vorabversion von 3.0 enthält aber durchaus den üblichen Schwung an Neuerungen, denn die hatten viele der anderen Kernel-Hacker entwickelt und zur Aufnahme eingesandt, noch bevor überhaupt die Rede von einem Sprung auf 3.0 die Rede war. Darunter findet sich wider Erwarten nun doch das Storage-Backend für Xen. Damit enthält der Kernel nun alle wichtigen Komponenten, um als federführender Kernel (Dom0) unter dem Xen-Hypervisor zu arbeiten; einige Hintergründe dazu finden sich in einem Blog-Eintrag von Oracle-Mitarbeiter Wim Coekaerts.
Der Netfilter-Code von Linux 3.0 enthält nun einen Just In Time Compiler für x86-64-Systeme, der einige Performance-Vorteile für die Paket-Verarbeitung auf Firewalls bringen soll. Es gab zudem zahlreiche Verbesserungen am weiterhin experimentellen Btrfs-Dateisystem. Wie immer stießen zudem einige Dutzend neue Treiber zum Kernel; darunter der Treiber rtl8192se für WLAN-Chips von Realtek oder einer für den DVB-T Tuner Micronas DRXD, den verschiedene Hersteller einsetzen. Das Kernel-Log in c’t und auf heise open wird in den kommenden Wochen über diese und zahlreiche andere Neuerungen von Linux 3.0 berichten.
Quelle : http://www.heise.de