WikiLeaks hat am Montag 1,7 Millionen Dokumente aus den Archiven des US-Außenministeriums ins Netz gestellt. Anders als bei früheren Veröffentlichungen der Organisation, wie den Afghanistan-Protokollen und den Irak-Protokollen, handelt es sich dabei aber nicht um Geheimdokumente, die WikiLeaks von anonymen Quellen zugespielt wurden. Die Daten wurden von der US-Regierung bereits als nicht mehr geheim klassifiziert und sind seit längerem öffentlich zugänglich.
Die Leistung von WikiLeaks besteht darin, die bisher im PDF-Format vorliegenden Dateien in durchsuchbare Texte umgewandelt und in eine über das Netz erreichbare Datenbank eingespeist zu haben. Mehrere Monate sollen Aktivisten der damit zugebracht haben, die Dateien zu sichten, umzuwandeln und um Tippfehler zu bereinigen. Jetzt sind sie auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite mit dem Titel Plus D erreichbar. Im Untertitel wird die Seite als „öffentliche Bibliothek der US-Diplomatie“ bezeichnet.
Knapp zwei Millionen diplomatische Dokumente sind dort seit Montag nach verschiedenen Kriterien und Stichworten durchsuchbar. Dabei handelt es sich einerseits um die bis 2010 von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente aus den US-Einsätzen im Irak und in Afghanistan sowie weitere 1,7 Millionen Datensätze aus der Ära des US-Außenministers Henry Kissinger, die auf die Jahre 1973 bis 1976 datiert werden.
„Versteckte Schätze“
Gegenüber „Forbes“ erklärte WikiLeaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson: „Dies sind versteckte Schätze, die von der Öffentlichkeit nur schwer gehoben werden können.“ Zudem sagte er: „Eine Form der Geheimhaltung ist Komplexität.“ Deshalb habe man viel Arbeit darauf verwendet, die sogenannten Kissinger Cables mit den bereits von WikiLeaks veröffentlichten Geheimberichten zu einer leicht durchsuchbaren Datenbank zusammenzuführen. Eigentlich sei es Aufgabe der Regierung gewesen, ein solches Projekt zu stemmen.
Weiter kritisiert Hrafnsson, man könne der US-Regierung beim Umgang mit ihren Archiven in vielfacher Weise nicht trauen. Mehrfach habe die US-Regierung versucht, bereits veröffentlichte Dokumente wieder unter Geheimhaltung zu stellen. Eine Studie von 2006 habe ergeben, dass dies bei 55.000 Seiten aus Regierungsdokumenten bereits geschehen sei.
Assange hat mitgewirkt
Die Depeschen zeigten „das enorme Ausmaß und die enorme Bandbreite“ des US-Einflusses in der Welt, sagte WikiLeaks-Gründer Julian Assange der britischen Nachrichtenagentur Press Association. Er selbst habe von seinem Asyl in der Botschaft Ecuadors in London bei der Zusammenstellung der Dokumente mitgewirkt.
Assange sitzt seit nunmehr neun Monaten in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Die britischen Behörden wollen den Australier nach Schweden ausliefern, wo er zu Vorwürfen wegen sexueller Vergehen vernommen werden soll. Assange befürchtet jedoch nach eigenen Angaben, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Spionage und Geheimnisverrat drohen könnte.
WikiLeaks hatte durch die Veröffentlichung geheimer Informationen zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie von rund 250.000 vertraulichen US-Diplomaten-Depeschen den Zorn der US-Regierung auf sich gezogen. Die Dokumente waren den Betreibern der Enthüllungsplattform von dem US-Soldaten Bradley Manning zugespielt worden, der sich deshalb derzeit in seiner Heimat vor einem Militärgericht verantworten muss. Er hatte die geheimen Daten während seiner Stationierung im Irak vor drei Jahren von Militärrechnern heruntergeladen.
Quelle : spiegel.de