Der Microblogging-Dienst Twitter plant die Einführung länderspezifischer Filter, die illegale Inhalte blockieren sollen. Das teilte das Unternehmen am gestrigen Donnerstag mit. Twitter-Nutzer sind empört und sprechen von „Zensur“. Die Enttäuschung über diesen Schritt ist groß, war der Dienst doch in der Vergangenheit ein wichtiges Werkzeug für Aktivismus und sogar Revolutionen.
Bereits vor einem Jahr hatte Twitter verkündet, dass man zwar überzeugt sei, dass „der offene Austausch von Informationen“ einen „positiven globalen Effekt“ haben könnte. Fast jedes Land der Erde stimme der Ansicht zu, dass Meinungsfreiheit ein Menschenrecht sei, schrieb ein Twitter-Sprecher damals. Viele Länder seien sich aber auch darin einig, dass „Meinungsfreiheit Verantwortung mit sich bringt und Grenzen hat“.
Im Sinne dieser damals geäußerten Grundsätze sieht Twitter auch seine jüngste Entscheidung, nationale Filter einzuführen. Mit zunehmendem Wachstum sei der Dienst zunehmend auch in Ländern mit unterschiedlichen Vorstellungen von den Grenzen der Meinungsfreiheit vertreten, heißt es im offiziellen Twitter-Blog. Einige dieser Ansichten weichen nach Ansicht von Twitter so weit von denen der Twitter-Betreiber ab, dass der Dienst dort nicht existieren könne. Andere seien dagegen wesentlich ähnlicher, wiesen aber nationale Besonderheiten auf. Hier wird unter anderem Deutschland ausdrücklich erwähnt, wo laut Twitter „Pro-Nazi-Inhalte verboten sind“. Diese Aussage ist ungenau – es sind lediglich Äußerungen verboten, die explizit gegen das Grundgesetz verstoßen oder den Holocaust leugnen beziehungsweise verherrlichen – aber weitgehend zutreffend. Die deutschen Gesetze in diesem Bereich sind aus naheliegenden historischen Gründen in der Tat strenger als die der meisten anderen Länder. Trotzdem ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet Deutschland für die Rechtfertigung der geplanten Filter-Bemühungen herangezogen wird.
Bislang habe Twitter derartigen nationalen Gesetzen lediglich Rechnung tragen können, indem Inhalte global entfernt worden seien, so das Unternehmen. Seit dem gestrigen Donnerstag habe man aber die Möglichkeit, Inhalte „Nutzern aus einem bestimmten Land reaktiv vorzuenthalten“ und gleichzeitig „für den Rest der Welt verfügbar zu halten“.
Twitter betont, dass die Sperrungen transparent erfolgen sollen. Es soll dokumentiert werden, wann und aus welchem Grund Inhalte gesperrt werden. Ob dies allerdings die Nutzer, die derzeit gegen die neue Regelung Sturm laufen, besänftigen kann, darf bezweifelt werden. Trotz Twitters Beteuerungen, man sehe es als Grundwert der Firma an, „die Stimme jedes Nutzers zu verteidigen und zu respektieren“, äußern sich derzeit viele Twitter-Nutzer enttäuscht bis verärgert über die neue Regelung. Vielfach ist gar von Zensur die Rede. Gerade Twitter spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle als Instrument aktivistischer Bewegungen. Umso mehr wird die Drohung, Inhalte zu sperren, als Eingriff in wichtige Grundrechte empfunden.
Ebenso darf nicht vergessen werden, dass die Sperren von technisch versierten Nutzern vergleichsweise leicht umgangen werden können und so – wieder einmal – lediglich die technisch weniger gebildeten Nutzer treffen. Wer sich auskennt, für den dürfte es ein Leichtes sein, Twitter über einen VPN-Dienst oder Proxy anzusurfen und so nationale Beschränkungen zu umgehen.
Ein Kommentar
Lyrix
Ich sag nur eines: DIKTATUR WIR KOMMEN!!!
ACTA sei Dank