Ecuadorianische Diplomaten erklärten außerdem, sie hätten von Großbritannien und Schwden Zusicherungen gesucht, dass Assange im Falle einer Auslieferung an Schweden nicht an die USA ausgeliefert werde. Sie hätten bislang aber keine Antwort erhalten. Die Befürchtung, Schweden könne den Aktivisten an die USA überstellen, wo ihm aufgrund der WikiLeaks-Veröffentlichungen der Prozess gemacht werden könnte, wird von Assange, seinen Anwälten und Unterstützern als Hauptgrund für die Bemühungen, einer Auslieferung an Schweden zu entgehen, genannt. Es gibt Indizien dafür, dass in den USA ein geheimer Haftbefehl gegen Assange vorliegt. Die US-Regierung bestätigte die Existenz dieses Dokuments allerdings bislang nicht offiziell. Die ecuadorianischen Diplomaten erklärten, Ecuador werde nun offiziell bei den USA anfragen, ob dort ein Gerichtsverfahren oder „eine Untersuchung, die ihn als Ziel identifiziert hat und in einem späteren Auslieferungsantrag resultieren könnte“ gegen Assange läuft.
Der Rechtsberater der Botschaft ließ durchblicken, dass es Ecuador primär darum gehe, sicherzustellen, dass Assange nicht an die USA ausgeliefert werde. Sei dies sichergestellt, denke er, dass es „eine gerechte Lösung geben würde„.
Ein politischer Berater der ecuadorianischen Regierung erklärte, der Fall Assange konfrontiere seine Regierung mit „einem absolut außergewöhnlichen Fall„. Ecuador befinde sich dadurch im Zentrum einer globalen Kontroverse, die vier andere Nationen – nämlich Großbritannien, Schweden, die USA sowie Assanges Heimatland Australien – umfasse. Der Sprecher erklärte, Ecuador bemühe sich, ein „ehrlicher Vermittler“ zu sein und gleichzeitig seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Ecuador, so teilte der Berater weiter mit, habe Schweden bereits am vergangenen Mittwoch angeboten, Assange auf dem Botschaftsgelände zu befragen. Schweden habe auf diesen Vorschlag aber bislang nicht reagiert.
Die beiden Botschaftsangehörigen schätzen, dass es bereits über zwanzig Treffen – persönlich oder in Form von Video-Konferenzen – zwischen ecuadorianischen Botschaftsangehörigen und dem britischen Außenministerium gegeben habe. Daneben hätten etwa zehn Treffen zwischen ecuadorianischen und schwedischen Diplomaten stattgefunden. Auch dabei sei es vor allem darum gegangen, was mit Assange geschehe, nachdem die Untersuchungen und eventuellen juristischen Vorgänge gegen ihn in Schweden abgeschlossen seien. Die diplomatischen Gespräche verliefen nach Angaben der beiden Botschaftsangehörigen „freundlich und höflich„.
Der Rechtsberater der Botschaft erklärte, laut Auslieferungsrecht gebe es das Konzept der „Spezialität“. Dieses stelle sicher, dass eine Person nur an ein Land – im Falle Assanges also Schweden – ausgeliefert werden kann. Sobald das juristische Vorgehen gegen die fragliche Person in diesem Land abgeschlossen sei, erhalte die Person eine 45-tägige Frist, während dieser sie an einen Ort ihrer Wahl reisen könne. Assange könnte also, sobald in Schweden keine Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren mehr gegen ihn laufen, in ein Land seiner Wahl ausreisen. Dabei gibt es allerdings eine Besonderheit, die sich für Assange als Problem erweisen könnte: das Land, das den Auslieferungsantrag erfüllt – in Assanges Fall Großbritannien – kann die „Spezialität“ aufheben und somit erlauben, dass die fragliche Person in ein Drittland ausgeliefert wird. Dies würde im konkreten Fall durch die britische Außenministerin Theresa May erledigt werden müssen. Trotz mehrfacher Anfragen Ecuadors äußerte sich das britische Außenministerium bislang nicht dazu, ob May plant, ihre Befugnisse in dieser Form auf eine mögliche zukünftige Auslieferung Assanges an die USA einzusetzen.
Die Botschaftsangehörigen wiederholten aiußerdem noch einmal die bereits seit einigen Tagen bekannte Einschätzung, dass es höchstwahrscheinlich erst nach den Olympischen Spielen – also frühestens Mitte August – zu einer Entscheidung über Assanges Auslieferungsantrag kommen wird (gulli:News berichtete).
Quelle : gulli.com