Google-Chef Eric Schmidt schwärmte vor einigen Wochen vom Bezahlen per Funk. Irgendwo, so Schmidts Traum, spaziert man einfach so in einen Laden und hält sein Telefon zum Abrechnen an die Kasse. Die Nahfunkmethode würde letztlich Kreditkarten ersetzen, so die Prognose des Google-Chefs. Nun arbeitet sein Unternehmen laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg an der Umsetzung dieser Idee.
Google plane ein Bezahlsystem für Mobiltelefone, haben zwei mit dem Projekt vertraute Mitarbeiter der Agentur versichert. Sollte das Projekt umgesetzt werden, würde es noch 2011 starten. Das System soll zudem Informationen über Geschenkgutscheine, Mitgliedschaften bei Kundenbindungsprogrammen und Rabattcoupons speichern.
Seit Monaten investiert Google in Nahfunk-Projekte im US-Einzelhandel: So hat das Unternehmen zum Beispiel Hunderten von Händlern Nahfunk-Sets zugeschickt, die diese im Schaufenster anbringen können. Hält ein Kunde sein Nahfunk-taugliches Mobiltelefon mit dem Google-Betriebssystem Android davor, zeigt das Smartphone Bewertungen, Öffnungszeiten und weitergehende Informationen zu dem Laden an.
Mobilfunker und Kreditkartenfirmen arbeiten an Funk-Bezahlsystemen
An Funk-Bezahlsystemen arbeiten viele andere Unternehmen. So haben die US-Mobilfunkanbieter Verizon, AT&T und T-Mobile im November das Gemeinschaftsunternehmen Isis gegründet, um bis 2012 ein kontaktloses Handy-Bezahlsystem zu entwickeln.
Ein US-Manager der Ebay-Zahlungsfirma Paypal erklärte Bloomberg, man werde womöglich in der zweiten Jahreshälfte 2011 ein eigenes Nahfunk-Bezahlsystem auf den Markt bringen, sei aber durchaus zu Kooperationen zum Beispiel mit Google bereit.
Die großen US-Kreditkartenunternehmen arbeiten selbst an Handy-Bezahlsystemen. So entwickelt Visa eine Plattform, über die man per Smartphone mittels unterschiedlicher Kreditkartenkonten bezahlen kann. Mastercard entwickelt das eigene kontaktlose Nahfunk-Bezahlsystem Paypass weiter: Der entsprechende RFID-Chip soll im nächsten Schritt nicht mehr in einer Kreditkarte untergebracht, sondern auf die Rückseite von Mobiltelefonen geklebt werden.
Die Kreditkarten- und Mobilfunkunternehmen stehen bei dem geplanten Systemwechsel allerdings vor demselben Problem wie all die Start-ups wie Bling Nation und Boku, die neue, Smartphone-basierte Zahlungssysteme entwickeln: Händler werden die Systeme erst akzeptieren, wenn genug Menschen sie nutzen. Umgekehrt interessieren die neuen Dienste Kunden nur, wenn sie damit auch bezahlen können.
Die Idee an sich ist alles andere als neu: Vor allem in Schwellenländern gibt es bereits funktionierende Handy-Bezahlsysteme. In Industrienationen lagen bisher andere Lösungen näher, die Mobilzahlung tat sich entsprechend schwer: Bereits 2003 fanden in Deutschland Telekommunikationsriesen zur sogenannten Simpay-Kooperation zusammen, um die schon damals angejahrte Idee endlich in die Praxis zu überführen – weitgehend erfolglos.